Frühkindliche Regulationsstörungen treten relativ häufig auf (20-25% aller Kinder) und belasten das ganze Familiensystem.

„Säuglinge mit Regulationsstörungen haben altersunangemessene Schwierigkeiten, ihr Verhalten in Interaktionssituationen oder regulativen Kontexten zu regulieren.  Dieses äußert sich z. B. durch unstillbares Schreien, Schlafstörungen oder Fütterprobleme.“ (Lohaus et al. 2010, S. 241)

Frühkindliche Regulationsstörungen beinhalten immer

1.      Probleme der frühkindlichen Verhaltensregulation

2.      Eine dysfunktionale Interaktion zwischen primären Bezugspersonen und dem Kind

3.      Hochgradige Belastungen der primären Bezugspersonen

weswegen man hier von einer Symptomtrias spricht (vgl. Papoušek 2004, S. 103)

„Je länger eine solche dysfunktionale Wechselseitigkeit aufrechterhalten wird, umso mehr können sich bestimmte Interaktionsmuster verselbständigen, rigide werden und die Entwicklung langfristig gefährden.“ (Bolten et al. 2013; S. 44)

Entsprechend dieser Symptomtrias zielt auch die Behandlung frühkindlicher Regulationsstörungen darauf ab, das Problem der Verhaltensregulation seitens des Kindes zu beheben, dysfunktionale Interaktionsmuster zwischen Eltern und Kind aufzulösen und die Eltern zu entlasten.

Das Konzept der Münchner Sprechstunde für Schreibabys, das sich auf eingehende wissenschaftliche Untersuchungen gründet, umfasst drei Grundelemente:

1.      Entwicklungsberatung

2.      Psychotherapeutische Gespräche

3.      Kommunikationsanleitung

Eltern-Säuglings/Kleinkind-Beratung hat sich mittlerweile zur Behandlung von frühkindlichen Regulationsstörungen etabliert.

Integrative Ansätze, wie sie auch im Konzept der Münchner Sprechstunde für Schreibabys zur Anwendung kommen, orientieren sich dabei an den individuellen Bedürfnissen von Eltern und Kinder und haben sich bewährt. „Die Studien zur Wirksamkeit der Interventionen zeigen, dass diese Ansätze effektiv sind […].“ (Cierpka 2012, S. 413)

Gezielte Entwicklungsberatung, die auf die individuellen Schwierigkeiten eingeht und angepasste Hilfestellung beim Umgang mit dem Säugling enthält, führt „[…] innerhalb weniger Sitzungen zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik und Entspannung des familiären Systems.“ (Hofacker 1999, S. 251f)

 

Literatur:

Bolten, Margarete; Möhler, Eva und Gontard, Alexander von (2013). Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie. Band 17: Psychische Störungen im Säuglings- und Kleinkindalter. Göttingen: Hogrefe.

Cierpka, Manfred (2012) Die unterschiedlichen Ansätze in Beratung und Therapie. In: Cierpka, Manfred (Hrsg.) Frühe Kindheit 0 – 3. Beratung und Psychotherapie für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern S. 399–414. Berlin: Springer.

Hofacker, Nikolaus von, Papousek, Mechthild, Jacubeit, Tamara und Malinowski, M. (1999) Rätsel der Säuglingskoliken. In: Monatszeitschrift für Kinderheilkunde(3) S. 244–253.

Lohaus, Arnold; Vierhaus, Marc; Maass, Asja (2010): Entwicklungspsycholgie des Kindes-

     und Jugendalters. Für Bachelor; mit 29 Tabellen. Berlin [u. a.]; Springer

Papoušek, Mechthild (2004) Regulationsstörungen der frühen Kindheit: Klinische Evidenz für ein neues diagnostisches Konzept. In: Papoušek, Mechthild, Schieche, Michael und Wurmser Harald (Hrsg.), Psychologie Forschung: Regulationsstörungen der frühen Kindheit. Frühe Risiken und Hilfen im Entwicklungskontext der Eltern-Kind-Beziehungen S. 77–110. Bern [u.a.]: Huber.

Papoušek, Mechthild; Schieche, Michael und  Wurmser Harald (Hrsg.) (2004). Psychologie Forschung: Regulationsstörungen der frühen Kindheit. Frühe Risiken und Hilfen im Entwicklungskontext der Eltern-Kind-Beziehungen. Bern [u.a.]: Huber.

 

Wollwerth de Chuquisengo, Ruth und Papoušek, Mechthild (2004) Das Münchner Konzept einer kommunikationszentrierten Eltern-Säuglings-/Kleinkind-Beratung und Psychotherapie. In: Papoušek, Mechthild, Schieche, Michael und Wurmser Harald (Hrsg.), Psychologie Forschung: Regulationsstörungen der frühen Kindheit. Frühe Risiken und Hilfen im Entwicklungskontext der Eltern-Kind-Beziehungen S. 281–309. Bern [u.a.]: Huber.